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Hanau: Trommelfeuer aus der Phrasenkanone

Thilo Schneider • 21. Februar 2020

Seit 6.19 Uhr wird zurückgedacht

Bild von Military_Material auf Pixabay
Der rechtsextreme Terroranschlag (wenn ein paranoider Rassist mit der Wumme durch die Gegend rennt und auf alles schießt, was nicht blond ist, dann ist es nun einmal ein rechtsextremer Anschlag) von Hanau war um 22.00 Uhr nachts. Und es dauerte morgens nicht bis 7 Uhr, bevor uns Bürger die Politiker auf Twitter wissen ließen, wo sie „mit ihren Gedanken sind“. Hierzu ein paar besondere Beispiele und Exemplare, relativ wahl- und ziellos ausgesucht:

Der Erste im Reigen der Politiker, die ihre Gedanken auf die Reise nach Hanau schicken, ist Steffen Seibert. Bereits um 6.19 Uhr sind seine übernächtigten Gedanken „bei den Menschen in Hanau“. Seine Anteilnahme gilt ganz tief „den Betroffenen“ und er hofft „mit den Verletzten, dass sie bald wieder gesund werden“. Immerhin.  

Saskia Esken steht sehr früh auf. Bereits um 8.22 Uhr sind ihre Gedanken am Frühstückstisch bei „Opfern, Angehörigen und Freunden“ und sie „benennt es klar“: „Rechter Terror in Deutschland“. Vielen Dank, Saskia. 

Etwas später hat das dann auch Heiko Maas gesehen und schickt „seine Gedanken“ an „die Toten, ihre Familien und Angehörigen“, da ist es 8:45 Uhr. Zwei Minuten später ist Sawsan Chebli dran, deren Gedanken „bei den „Opfern und ihren Angehörigen“ sind. Bei Frau Chebli kommt erschwerend hinzu, dass „Freunde in der Sisha-Bar hätten sein können“. Sie scheint Freunde in Hanau zu haben. Ihr dicht auf den Fersen ist Alice Weidel, die schamlos abschreibt und um 8.51 Uhr eine Kerze postet und ebenfalls „Opfer und Angehörige“ mit „ihren Gedanken“ belästigt. 

Die „Linke Thüringen“ garniert um 9 Uhr ihre Gedanken, die „bei den Opfern, Angehörigen und Rettungs- und Einsatzkräften“ waren, mit den Hashtags #noAfD, #FCKNZS und #Terror. Bodo Ramelow will da nicht zurückstehen. Seine Gedanken sind um 9:09 Uhr „bei den Menschen in Hanau“, ihm folgen Christian Lindners Gedanken um 9:24 zu „den Opfern und ihren Familien“.  

Ebenfalls gegen 9 Uhr (man merkt, wann die Abgeordnetenbüros öffnen) sind Katharina Schulzes Gedanken „bei den Angehörigen“, wabern aber gleich darauf weiter zu „Brandstiftern und Rechtsextremismus“, bis Frau Schulzes Gedanken um 9.23 Uhr schließlich bei „Hass und Hetze durch die AfD“ ihren vorläufigen Platz finden. Ihre Parteifreundin Annalena Baerbock ist jedoch zwei Minuten schneller und denkt um 9.21 Uhr an „die Opfer und ihre Angehörigen“ und die Bundesanwaltschaft. 

Um 9.13 Uhr hat ein gewisser Herr Schulz von der Kripo Hamburg „Zeit zum Handeln“ und weiß, was getan werden muss: „WerteUnion-Mitgliedschaft = Parteiausschluss; AfD-Mitgliedschaft = Entfernung aus dem ÖD wegen Unvereinbarkeit mit FDGO; AfD = sofortige Beobachtung der gesamten Partei durch Verfassungsschutz und Verbotsverfahren einleiten!“ Und da hatte der Mann noch gar kein Knoppers als zweites Frühstück! So einen gedanklichen Schnellschützen braucht die Republik.

Um 9.38 Uhr schickt Christen Lambrecht (kannten Sie die? Das ist eine Ministerin!) über das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz ihre Gedanken zu den „Opfern und Angehörigen“, der „Opferbeauftragte“ (What the hell, so etwas gibt es?) zieht aber erst um 11:36 mit seinen Gedanken hinterher zu den „Opfern und ihren Familien“.  

Markus Söder denkt um 9.45 Uhrdagegen weniger an die Opfer selbst, seine Gedanken sind vielmehr „bei den Angehörigen der Opfer“ und dass sich „der Rechtsstaat solcher Gewalt mit aller Härte und Entschiedenheit entgegenstellt“. 

Tino Chrupalla macht sich um 10.57 Uhr gar keine Gedanken, sondern „trauert um die Angehörigen und bangt um das Leben der Verletzten“. Ich sehe ihn förmlich vor mir, wie sich auf die Unterlippe beißt, die Augen fest zu petzt und beide Daumen krampfhaft drückt. 

Um 11.33 Uhr ist endlich auch Olaf Scholz wach und packt auf seine Gedanken noch sein Mitgefühl zu den „Opfern und Angehörigen“ obendrauf. Und will heute nicht „zur Tagesordnung übergehen“. Was aber macht er dann? 

Es ist müßig, zu sagen, dass auch so ziemlich jeder Hinterbänkler, den ich heute angeklickt habe, „mit seinen Gedanken“ „in Hanau“ „bei den Opfern und ihren Angehörigen“ und nicht bei seiner Arbeit ist. Ich mache es trotzdem. Mir persönlich wäre es ja lieber, die gewählten Volksvertreter würden sich mehr Gedanken um ihre Politik machen und darum, wie wir in gesellschaftlichem Frieden zusammenleben können? Nur mal so als echt revolutionärer Vorschlag? Statt dass sie die Republik mit ihren ewig gleichen Sprechblasen und Dummphrasen fluten, wenn es mal wieder geknallt hat? 

Im Gegensatz zu vielen anderen konnte ich über einen befreundeten Journalisten das Pamphlet des „mutmaßlichen“ Täters lesen und dessen Gedanken waren überall, nur auch nicht ansatzweise gesund. Es bleibt, wie es ist: Man muss schon sehr verrückt sein, wenn man sich ein Messer oder eine Pistole schnappt, um im Namen einer Ideologie oder Religion loszuziehen und Leute zu ermorden.
Bei all den wirren und verlogenen Gedankenreisen „nach Hanau“ nimmt sich Norbert-Walter Borjans schon fast angenehm nüchtern aus, sofern er nicht betrunken ist. Er sendet gegen 12.00 Uhr „ein trotziges Alaaf an alle Kölner Jecken“.  

„Meine Gedanken“ sind mittendrin, im Irrsinn dieses Landes. Leider. 

von Thilo Schneider 12. Januar 2024
„Guten Abend, liebe Zuschauer! Zu unserem heutigen Thema „Wann ist man ein Nazi“ habe ich heute einen absoluten Experten auf diesem Gebiet eingeladen: Werner Strößenbrunner!“ (Applaus, der Experte im grauen Anzug mit einem schwarz-weiß-roten Ansteckerchen betritt die Bühne) „Guten Abend, Herr Strößenbrunner…“ „Obersturmbannführer Strößenbrunner bitte. Aber nennen Sie mich einfach Obersturmbannführer.“ „Danke, Herr Obersturmbannführer. Schön, dass Sie heute unter Gast sind.“ „Ja gerne und ein herzliches Heil! Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ „Herr Obersturmbannführer, ich darf Sie unserem Publikum kurz vorstellen: Vorstrafe wegen des Schmierens von Hakenkreuzen auf Synagogen, gewalttätiger Übergriff auf den Wirt eines israelischen Restaurants, Vorsitzender des Vereins „Blut und Boden“, Vorsitzender der Jugendorganisation „Reichskriegsflagge“ und Verfasser des Buchs „Vorschläge zur vorläufigen Erledigung der Remigration“. Herr Obersturmbannführer, würden Sie sagen, Sie sind ein Rechtsextremist?“ „Ach wissen Sie, was heißt denn Rechtsextremist? Heutzutage wird man viel zu schnell von den öffentlich-rechtlichen, von Soros und Rothschild finanzierten Systemmedien in die rechte Ecke geschoben. Ich würde mich als konservativen Patrioten bezeichnen.“ „Naja, das Schmieren von Hakenkreuzen ist kein Kavaliersdelikt…“ „Da war ich 17 Jahre alt. Eine bedauerliche Jugendsünde. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie das war. Ich war da in der Ausbildung zum Landschaftsmaler, das war damals so, und sollte Farbe von A nach B bringen und da war diese Synagoge und ich stand so da und plötzlich waren da mehrere Hakenkreuze drauf. Ich habe bis heute keine Ahnung, wie das passieren konnte und es tut mir auch leid…“ „Die Hakenkreuze tun Ihnen leid?“ „Nein, es tut mir leid, dass ich nicht mehr Farbe dabeihatte. Ich wollte neue holen, aber da waren die Schergen der linksunterwanderten BeErDe bereits da und haben mich verhaftet. Obwohl ich gar nichts dazu konnte.“ „…und die Körperverletzung…?“ „Ach, ganz normale Wirtshausschlägerei, wie sie bei jedem Dorffest stattfindet…“ „…das war keine gezielte Attacke auf den jüdischen Besitzer?“ (seufzt) „…er wollte uns hindern, unsere Brandsätze zu zünden. Was hätten Sie denn in meiner Situation getan? Natürlich habe ich ihm auf die Menora gegeben, das war aber mehr so ein Reflex, so aus der Drehung heraus. Das wurde damals von der ostküstenfinanzierten Lokalpresse schrecklich aufgebauscht…“ „Sie müssen aber schon zugeben, dass das ein wenig den Eindruck erweckt, als hätten Sie etwas gegen Juden…“ „Was? Nein! Ich habe gar nichts gegen Juden, da sind ja schon die ursprünglich von den Nazis verschärften Waffengesetze außen vor!“ „Würden Sie, Herr Obersturmbannführer, sagen, dass Sie Antisemit sind?“ „Nur, weil ich keine Juden mag? Das wird ja wohl noch erlaubt sein!“ „Aber es sind ja nicht nur Juden, um die es Ihnen geht?“ "Ich habe ein generelles Problem mit Volk, das nicht hierhergehört! Und nicht nur ich! Sehen Sie sich doch um! Die ganzen Schleiereulen, die Kopftuchstaffeln, die stark pigmentierten Menschen, das ist doch nicht mehr schön? Da muss man doch etwas tun! Gegen diese Umvolkung muss sich doch ein rassisch gesundes Volk bis zur letzten Patrone mit fanatischem Widerstand durchsetzen!“ „Das ist ein gutes Stichwort! In Ihrem Buch zur Remigration schlagen Sie beispielsweise vor, dass Bürger mit deutschem Pass, deren Ahnenreihe nicht wenigstens vier Generationen zurückreicht, die Staatsbürgerschaft entzogen werden soll, wenn sie einen zweiten Pass haben.“ „Ja, da muss man sich eben mal entscheiden, ob man deutsche Sozialleistungen oder türkischen Wehrdienst und Erben genießen will. Sie haben ja auch keine zwei Frauen, sondern müssen sich für eine entscheiden. Wenn Sie jetzt nicht gerade aus dem Nahen Osten kommen.“ „Wäre das aber nicht ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz?“ „Ach, das kann man mit 2/3-Mehrheit ändern, da sehe ich jetzt kein so großes Problem.“ „Außerdem schreiben Sie, dass Sie straffällig gewordene Bürger entweder nach Möglichkeit abschieben oder zu körperlicher Arbeit verpflichten wollen!“ „Ja, ich halte das für eine gute Lösung! Wir kaufen den Marokkanern, Tunesiern oder Libyern ein Gelände in der Wüste ab und da packen wir das ganze Kroppzeug hin. Da können sie dann den ganzen Tag Sandsäcke füllen, was wiederum den Opfern in unseren Hochwassergebieten zugutekäme.“ „Auch das wäre aber nicht nur ein Verfassungsbruch, sondern sogar ein ethischer Dammbruch. Obersturmbannführer, klare Frage, klare Auskunft: Sind Sie für ethnische Säuberungen in Deutschland?“ „Ach, „ethnische Säuberungen“, das ist auch nur wieder so eine Hohlphrase aus der linken Ecke, um patriotische Deutsche zu framen und zu verunglimpfen. Ich will hier einfach nicht so viele Westasiaten haben. Ein paar sind ja in Ordnung und machen im Niedriglohnsektor einen ganz guten Job, einer muss ja das Essen an den Tisch bringen und Opa mal im Pflegeheim umdrehen, aber das heißt doch bitte nicht, dass hier gleich eine Umvolkung stattfinden muss…“ „Auch das war aber jetzt bereits rassistisch!“ „Ach, was heißt denn „rassistisch“? Ich sag doch nur, wie es ist und wie es die Mehrzahl der Bevölkerung sieht!“ „Glauben Sie, die Mehrheit sieht das so?“ „Wenn wir erst einmal die Mainstream-Medien übernommen haben, dann werden die das so sehen, mein Wort darauf!“ „Sie planen also so eine Art „Machtergreifung“? „Auch wieder so ein Wort aus der linksradikalen Mottenkiste. Wir reden davon, wie wir die politischen Verhältnisse in Deutschland im Sinne des deutschen Volkes neu ordnen können.“ „Ist es korrekt, dass Sie in Ihrer Funktion auch Gespräche mit den Spitzen der AfD führen?“ „Das sind nur private Gespräche, ganz locker und ohne jeden Hintergrund, man kennt sich doch, da sehe ich jetzt kein Problem. Die denken ja im Grunde wie wir, trauen sich nur nicht, das laut zu sagen, aber man wird ja wohl noch auf ein Bier gehen dürfen! Das wird alles viel zu hoch aufgehenkt.“ „Herr Obersturmbannführer, was wäre denn für jemanden wie Sie ein Nazi?“ „Das wäre jemand, der zwischen 1890 und 1930 geboren ist und Mitglied bei der NSDAP war. Das wäre ein Nazi.“ „War Hitler ein Nazi?“ „Ich glaube nicht, dass man das so pauschal sagen kann, er war zwar Mitglied der Partei, aber er hat ja auch die Autobahnen gebaut, die Kirchensteuer eingeführt und die Schreibschrift reformiert, das darf man nicht vergessen!“ „…und was wäre für Sie ein Rechtsextremist?“ „Das wäre jemand, der Leute in Gaskammern schicken oder vernichten will und dazu auch noch Nachbarländer überfällt. Das ist ja nicht das, was wir wollen! Aufgrund der Demographie brauchen wir kein neues Land im Osten. Da müssen wir erst einmal hier wieder auffüllen.“ „Herr Obersturmbannführer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. Guten Abend.“ „Heil!“
Deutende Punkerin. Bild von Wolfgang Eckert auf Pixabay.
von Thilo Schneider 15. Juli 2023
Ich wurde als Hetzer, Rechtspopulist und Rassist bezeichnet. Wenigstens ein Punkt stimmt.
Bild eines Gitarristen von Pexels auf Pixabay
von Thilo Schneider 25. Juni 2023
Kleinkünstler sollten besser links sein - wenn sie Auftritte mit Freibier haben wollen. Und sie sollten einen albernen Hut oder Pferdeschwanz haben! Und im Leben den Rettungsring daneben gegriffen haben.
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Eine Polizeidozentin, eine Polizeikontrolle, ein "nicht so gemeinter Tweet", ein Drama in einem Akt.
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