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Der Weinkenner

Thilo Schneider • 29. Februar 2020

Teil 2 des gemütlichen Abends im gehobenen Ambiente

Bild von Vinotecarium auf Pixabay
Wer Teil 1 verpasst hat, der findet ihn hier

(Teil 2) Ich habe es ja geahnt. Nein, gewusst. Und ich habe trotzdem nichts gesagt. Allerdings, so viel Ehrlichkeit darf sein, auch in dem Wissen, dass mir die M&Ms, also Martin und Milena, heute eine sehr gute Steilvorlage für einen Artikel geben würden. Kaum hat uns unser mit uns für diesen Abend gestrafter Kellner mit der sogenannten Steinmeier-Miene (das ist die, mit der der Präsident „Abscheu und Empörung“ sagt) den Lambrusco für den Tisch und mir die Cola-light für mich kredenzt, beginnt die große Martin-Show. „Darf ich eingießen?“, fragt unser Ober höflich und Martins Antwort ist die eines echten Kenners: „Um Himmels Willen! Nein! Danke!“ Und unser abendlicher Dienstbote zieht sich mit einer leichten Verbeugung dezent zurück. 

Martin gießt vorsichtig wie ein Bombenentschärfer einen kleinen Schluck in sein Weißwein – Glas (das bis dato eher dekorativen Charakter hatte, das Rotwein-Glas steht daneben) und hält es sich, vorsichtig am Stil anfassend, mit zwei Zentimetern Abstand unter die Nase. Er sieht dabei tief konzentriert aus. Ich höre, wie er einatmet. Durch die Nase. Er rollt den Wein etwas im Glas und meint dann: „Hmm… Ein wirklich herber, ausgezeichneter Salamino di Santa Croce. Sehr runder, fülliger Geruch…“ Ich verkneife mir die Frage, ob er damit nicht vielleicht doch die Dame am Nebentisch meint und schaue dem Wein-Connaisseur aus nächster Nähe zu. Er rollt und rollt den Wein und mir fallen aus dem Augenwinkel unser und ein weiterer Kellner auf, die uns, miteinander kichernd, dezent beobachten. 

Martin nimmt einen kleinen Schluck und macht mehrere kleine Schmatzer, akustisch vergleichbar mit einem Kleinkind, das mit nassen Füßen auf einem Fliesenboden herumläuft. Dann riecht er wieder an seinem Lambrusco Marke „La felicità dei senzatetto“. „Er ist gut ausgereift“, analysiert Martin, „…und hat am Anfang ein erdiges Aroma mit einem Hauch Thymian.“ Jetzt versucht er, den Wein mit einem etwas quakenden Geräusch unter die Zunge zu bekommen. “Mhmja… Ganz typisch… Die Fenchel-Note…“, geht die gustatorische Reise weiter und ich beiße mir fast die Unterlippe wund, um unseren Gourmet nicht zu fragen, ob er sich eben durch das Angebot einer Tee-Boutique lutscht. Aber Martin ist jetzt mittendrin. Er riecht wieder am Lambrusco. Vielmehr schnüffelt er am Rand des Glases herum und ich frage mich, ob er jetzt wohl das Aroma seines Zahnbelags bemerkt und jetzt gleich so etwas wie „…hat etwas von einem typischen „faule-Eier-Aroma““ faselt. Aber er enttäuscht mich etwas, indem er das Glas kurz absetzt, wieder am Stil in die Hand nimmt und den Lambrusco jetzt mit Kennerblick vor die hübsche Tischkerze hält. „Gesunde rote, fast violette Farbe, typisch für eine Südlage“, sagt er fachmännisch mit Kennermiene und ich habe ihn im Verdacht, dass er uns alle hier bitterböse auf den Arm nimmt.

„Lass mich raten: Die Rebe dieses Weines wurde von einer 35-jährigen Serbokroatin ohne italienisches Aufenthaltsvisum während ihrer Periode gepflückt“, necke ich ihn und ernte einen vernichtenden Blick. „Si tacuisses, philosophus mansisses“, knurrt er mir entgegen. Und mein Latein, obzwar eingerostet, ist gut genug, um zu erkennen, dass es Dr. rer. nat. Martin Schellenmayer sehr sehr ernst meint. Und weil ich ihn normalerweise mag, verzichte ich sowohl auf ein „Gute Güte, das ist ein stinknormaler Lambrusco. Das Zeug gibt es bei Aldi im Tetrapack. Mach nicht so ein Gewese um Nichts!“, als auch auf eine freche Kopie seiner feinsinnigen Analyse, als ich von der dämlichen Cola-light trinke. 

Er schwenkt den Wein vor der Kerze hin und her. „Ja, durchaus trinkbar“ beendet er seine Beobachtung und schenkt sowohl meinem als auch seinem Schatz ein, nicht ohne dramatische „wir ziehen die Weinflasche beim Einschenken langsam nach oben“-Geste. Die Damen kichern beeindruckt und stoßen miteinander und dann mit Martin an. Ich als Softdrink-Kenner hebe nur prostend mein Glas, ich möchte die erlesene Weinverkostung nicht mit einem profanen Wasserglas stören. 

Der Schatz hat anscheinend ziemlichen Durst und trinkt das erste Glas in einem Satz leer, ohne die vorzüglichen Aromastoffe, die zierlichen Duftnoten und das bunte Farbenspiel angemessen zu würdigen. Sie wirkt dabei etwas verzweifelt. Milena hingegen nimmt nur einen hastigen Schluck und beginnt zu husten. Anscheinend hat sie den Wein sozusagen in den falschen Hals bekommen. „Ähä…“, macht sie, „…das Zeug ist widerlich!“ und gibt für eine Sekunde ein Bild des Jammers ab. Sie kassiert einen zornigen Blick des Martin. „Natürlich“, bemerkt er trocken, „…wenn Du versuchst, es mit der Nasennebenhöhle zu trinken, ist es widerlich.“ Milena kramt in ihrer Tasche nach einem Taschentuch, findet überraschenderweise keines und wischt sich dann doch mit der Stoffserviette den Mund ab. „Also, mein Wein ist das nicht. Aber ich kann ja eh nichts trinken, ich muss ja noch fahren“, stellt sie erleichtert fest und gießt sich aus der am Tisch stehenden Wasserflasche ein. Sie sieht fragend zum Schatz, aber der schüttelt nur den Kopf und macht sich sein zweites Glas Wein voll. Diesmal kippt der Schatz es wenigstens nicht wie einen Schnaps herunter. Wo sich doch Martin so viel Mühe gegeben hat.

„Wie wird man eigentlich so ein Weinkenner?“, will sie, wie mir scheint mit einem leichten ironischen Unterton, von Martin wissen und der lehnt sich selbstgefällig zurück, nicht ohne das Glas am ausgestreckten Arm auf dem Tisch festzuhalten und es anzustarren. „Erfahrung“, sagt er dann nachdenklich. „Erfahrung, Liebe zum Wein und natürlich auch beruflicher Profession, aber auch einer guten Portion Leidenschaft und Wissbegierde.“, setzt er nach.   
Und das war dann in der Rückschau der Zeitpunkt, an dem unsere jahrelange Freundschaft wie ein Weinglas mit einer Überdosis Hochfrequenz zerbrach. Denn der Schatz und ich brachen in schallendes Gelächter aus. Dabei waren wir doch so tapfer gewesen…

von Thilo Schneider 12. Januar 2024
„Guten Abend, liebe Zuschauer! Zu unserem heutigen Thema „Wann ist man ein Nazi“ habe ich heute einen absoluten Experten auf diesem Gebiet eingeladen: Werner Strößenbrunner!“ (Applaus, der Experte im grauen Anzug mit einem schwarz-weiß-roten Ansteckerchen betritt die Bühne) „Guten Abend, Herr Strößenbrunner…“ „Obersturmbannführer Strößenbrunner bitte. Aber nennen Sie mich einfach Obersturmbannführer.“ „Danke, Herr Obersturmbannführer. Schön, dass Sie heute unter Gast sind.“ „Ja gerne und ein herzliches Heil! Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ „Herr Obersturmbannführer, ich darf Sie unserem Publikum kurz vorstellen: Vorstrafe wegen des Schmierens von Hakenkreuzen auf Synagogen, gewalttätiger Übergriff auf den Wirt eines israelischen Restaurants, Vorsitzender des Vereins „Blut und Boden“, Vorsitzender der Jugendorganisation „Reichskriegsflagge“ und Verfasser des Buchs „Vorschläge zur vorläufigen Erledigung der Remigration“. Herr Obersturmbannführer, würden Sie sagen, Sie sind ein Rechtsextremist?“ „Ach wissen Sie, was heißt denn Rechtsextremist? Heutzutage wird man viel zu schnell von den öffentlich-rechtlichen, von Soros und Rothschild finanzierten Systemmedien in die rechte Ecke geschoben. Ich würde mich als konservativen Patrioten bezeichnen.“ „Naja, das Schmieren von Hakenkreuzen ist kein Kavaliersdelikt…“ „Da war ich 17 Jahre alt. Eine bedauerliche Jugendsünde. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie das war. Ich war da in der Ausbildung zum Landschaftsmaler, das war damals so, und sollte Farbe von A nach B bringen und da war diese Synagoge und ich stand so da und plötzlich waren da mehrere Hakenkreuze drauf. Ich habe bis heute keine Ahnung, wie das passieren konnte und es tut mir auch leid…“ „Die Hakenkreuze tun Ihnen leid?“ „Nein, es tut mir leid, dass ich nicht mehr Farbe dabeihatte. Ich wollte neue holen, aber da waren die Schergen der linksunterwanderten BeErDe bereits da und haben mich verhaftet. Obwohl ich gar nichts dazu konnte.“ „…und die Körperverletzung…?“ „Ach, ganz normale Wirtshausschlägerei, wie sie bei jedem Dorffest stattfindet…“ „…das war keine gezielte Attacke auf den jüdischen Besitzer?“ (seufzt) „…er wollte uns hindern, unsere Brandsätze zu zünden. Was hätten Sie denn in meiner Situation getan? Natürlich habe ich ihm auf die Menora gegeben, das war aber mehr so ein Reflex, so aus der Drehung heraus. Das wurde damals von der ostküstenfinanzierten Lokalpresse schrecklich aufgebauscht…“ „Sie müssen aber schon zugeben, dass das ein wenig den Eindruck erweckt, als hätten Sie etwas gegen Juden…“ „Was? Nein! Ich habe gar nichts gegen Juden, da sind ja schon die ursprünglich von den Nazis verschärften Waffengesetze außen vor!“ „Würden Sie, Herr Obersturmbannführer, sagen, dass Sie Antisemit sind?“ „Nur, weil ich keine Juden mag? Das wird ja wohl noch erlaubt sein!“ „Aber es sind ja nicht nur Juden, um die es Ihnen geht?“ "Ich habe ein generelles Problem mit Volk, das nicht hierhergehört! Und nicht nur ich! Sehen Sie sich doch um! Die ganzen Schleiereulen, die Kopftuchstaffeln, die stark pigmentierten Menschen, das ist doch nicht mehr schön? Da muss man doch etwas tun! Gegen diese Umvolkung muss sich doch ein rassisch gesundes Volk bis zur letzten Patrone mit fanatischem Widerstand durchsetzen!“ „Das ist ein gutes Stichwort! In Ihrem Buch zur Remigration schlagen Sie beispielsweise vor, dass Bürger mit deutschem Pass, deren Ahnenreihe nicht wenigstens vier Generationen zurückreicht, die Staatsbürgerschaft entzogen werden soll, wenn sie einen zweiten Pass haben.“ „Ja, da muss man sich eben mal entscheiden, ob man deutsche Sozialleistungen oder türkischen Wehrdienst und Erben genießen will. Sie haben ja auch keine zwei Frauen, sondern müssen sich für eine entscheiden. Wenn Sie jetzt nicht gerade aus dem Nahen Osten kommen.“ „Wäre das aber nicht ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz?“ „Ach, das kann man mit 2/3-Mehrheit ändern, da sehe ich jetzt kein so großes Problem.“ „Außerdem schreiben Sie, dass Sie straffällig gewordene Bürger entweder nach Möglichkeit abschieben oder zu körperlicher Arbeit verpflichten wollen!“ „Ja, ich halte das für eine gute Lösung! Wir kaufen den Marokkanern, Tunesiern oder Libyern ein Gelände in der Wüste ab und da packen wir das ganze Kroppzeug hin. Da können sie dann den ganzen Tag Sandsäcke füllen, was wiederum den Opfern in unseren Hochwassergebieten zugutekäme.“ „Auch das wäre aber nicht nur ein Verfassungsbruch, sondern sogar ein ethischer Dammbruch. Obersturmbannführer, klare Frage, klare Auskunft: Sind Sie für ethnische Säuberungen in Deutschland?“ „Ach, „ethnische Säuberungen“, das ist auch nur wieder so eine Hohlphrase aus der linken Ecke, um patriotische Deutsche zu framen und zu verunglimpfen. Ich will hier einfach nicht so viele Westasiaten haben. Ein paar sind ja in Ordnung und machen im Niedriglohnsektor einen ganz guten Job, einer muss ja das Essen an den Tisch bringen und Opa mal im Pflegeheim umdrehen, aber das heißt doch bitte nicht, dass hier gleich eine Umvolkung stattfinden muss…“ „Auch das war aber jetzt bereits rassistisch!“ „Ach, was heißt denn „rassistisch“? Ich sag doch nur, wie es ist und wie es die Mehrzahl der Bevölkerung sieht!“ „Glauben Sie, die Mehrheit sieht das so?“ „Wenn wir erst einmal die Mainstream-Medien übernommen haben, dann werden die das so sehen, mein Wort darauf!“ „Sie planen also so eine Art „Machtergreifung“? „Auch wieder so ein Wort aus der linksradikalen Mottenkiste. Wir reden davon, wie wir die politischen Verhältnisse in Deutschland im Sinne des deutschen Volkes neu ordnen können.“ „Ist es korrekt, dass Sie in Ihrer Funktion auch Gespräche mit den Spitzen der AfD führen?“ „Das sind nur private Gespräche, ganz locker und ohne jeden Hintergrund, man kennt sich doch, da sehe ich jetzt kein Problem. Die denken ja im Grunde wie wir, trauen sich nur nicht, das laut zu sagen, aber man wird ja wohl noch auf ein Bier gehen dürfen! Das wird alles viel zu hoch aufgehenkt.“ „Herr Obersturmbannführer, was wäre denn für jemanden wie Sie ein Nazi?“ „Das wäre jemand, der zwischen 1890 und 1930 geboren ist und Mitglied bei der NSDAP war. Das wäre ein Nazi.“ „War Hitler ein Nazi?“ „Ich glaube nicht, dass man das so pauschal sagen kann, er war zwar Mitglied der Partei, aber er hat ja auch die Autobahnen gebaut, die Kirchensteuer eingeführt und die Schreibschrift reformiert, das darf man nicht vergessen!“ „…und was wäre für Sie ein Rechtsextremist?“ „Das wäre jemand, der Leute in Gaskammern schicken oder vernichten will und dazu auch noch Nachbarländer überfällt. Das ist ja nicht das, was wir wollen! Aufgrund der Demographie brauchen wir kein neues Land im Osten. Da müssen wir erst einmal hier wieder auffüllen.“ „Herr Obersturmbannführer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. Guten Abend.“ „Heil!“
Deutende Punkerin. Bild von Wolfgang Eckert auf Pixabay.
von Thilo Schneider 15. Juli 2023
Ich wurde als Hetzer, Rechtspopulist und Rassist bezeichnet. Wenigstens ein Punkt stimmt.
Bild eines Gitarristen von Pexels auf Pixabay
von Thilo Schneider 25. Juni 2023
Kleinkünstler sollten besser links sein - wenn sie Auftritte mit Freibier haben wollen. Und sie sollten einen albernen Hut oder Pferdeschwanz haben! Und im Leben den Rettungsring daneben gegriffen haben.
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Eine Polizeidozentin, eine Polizeikontrolle, ein "nicht so gemeinter Tweet", ein Drama in einem Akt.
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