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Der Verrat des Westens an den Kurden

Thilo Schneider • 4. März 2020

Feigheit vor dem Freund

Bild von Masoud Zada auf Pixabay

Stellen Sie sich vor, es gäbe im Nahen oder Mittleren Osten einen Staat, in dem Meinungsfreiheit herrscht, Frauen gleichberechtigt sind und sogar Religionsfreiheit gilt. Stellen Sie sich ferner vor, dieser Staat wäre nicht Israel. Würden Sie sagen, „der Westen“, also wahlweise Deutschland, die EU oder die Nato sollten diesen Staat unterstützen? Speziell gegen islamistische oder russische Intervention?

Diesen Staat gibt es zwar nicht – aber es könnte ihn geben. Wenn es „der Westen“ wollte. Die autonomen Kurdengebiete um Rojava herum sind nämlich genau so, wie oben geschildert, aufgestellt. Und sie haben die Amerikaner im Kampf gegen den IS unterstützt. Tatsächlich handelt es sich bei den Kurden in den Autonomiegebieten um die treuesten Verbündeten des Westens mit einer modernen westlichen Gesellschaftsstruktur. Ausgerechnet dieser wichtige und wertvolle Verbündete, der durchaus das Potential zu einem westlich geprägten Musterstaat in der Region hätte, liegt nun unter dem Feuer türkischer Streitkräfte, weil Erdogan nichts mehr fürchtet, als einen Kurdenstaat an seiner Grenze.

Objektiv gesehen müsste ein derart selbstherrlicher Diktator wie Erdogan jeden Kredit bei seinen westlichen Vertragspartnern verspielt haben: Er paktiert mit dem terroristischen IS, greift ungebeten und ungefragt in die Souveränität seiner Nachbarstaaten ein, schert sich einen feuchte Kehricht um geschlossene Verträge und versucht, die NATO in seinen Angriffskrieg hineinzuziehen, seit sich herausgestellt hat, dass auch seine Gegner Flugzeuge und funktionierende Waffen haben. Tatsächlich wäre es sowohl Sache der EU als auch der Amerikaner, dem prächtigen Despoten in Ankara ein herzliches „Auf Wiedersehen“ zu sagen, als zwischen wachsweichen Verurteilungen, halb erhobenen Zeigefingern und lauwarmen Warnungen an Russen und Syrer zu mäandern, während Erdogan selbst versucht, vollendete Tatsachen zu schaffen. Was ihm bis jetzt nicht gelungen ist.

Es fehlen dem Westen sowohl der Wille als auch die einheitliche Stimme, mit der er Russen, Syrer und Türken an den Verhandlungstisch rufen könnte, um den Kurden endlich den eigenen Staat zu schaffen, den sie sich durch ihre Loyalität und ihre Blutopfer mehr als verdient haben. Hinzu kommt, dass die kurdische Verwaltung in Rojava angeboten hat, zuerst 300.000 kurdische und dann bis zu einer Million anderer Flüchtlinge aufzunehmen, was Erdogan ein Druckmittel nehmen würde, das er immer unverschämter gegen die EU einzusetzen versucht. Woran aber liegt diese Feigheit? Dieses Lavieren?

Zum einen erfüllt die Türkei neben ihrer Funktion als schlecht gelaunter Kerkermeister von Flüchtlingen die militärische Wächterfunktion über den Bosporus. Hier müsste sich insbesondere die NATO die Frage stellen, ob diese Funktion nach Ende des Kalten Krieges überhaupt noch notwendig und sinnvoll ist. Russland hat längst seine Militärbasen an der syrischen Küste und es ist kaum vorstellbar, ob und wie die Türkei mit ihrem moralisch flexiblen Führer in einem Ernstfall technisch oder auch nur politisch in der Lage wäre, russischen Schiffen die Durchfahrt des Bosporus zu verweigern. Griechenland und Bulgarien könnten mit etwas Hilfe und gutem Willen durchaus ebenfalls diese Rolle erfüllen. Wo eine potentielle russische Gefährdung letztlich abgefangen würde, spielt eine eher untergeordnete Rolle. Auch die Funktion der Türkei als amerikanischer Flugzeugträger zum Schutz Israels könnte grundsätzlich beispielsweise durch den Libanon übernommen werden. Das Ganze ist letztlich eine Frage des Geldes.

Daneben fehlen den Europäern die militärischen und politischen Mittel, einen kurdischen Staat aktiv militärisch zu sichern oder zu unterstützen, seit sich die Amerikaner aus der Region zurückgezogen haben. Wie sollten europäisches Material oder gar Truppen Rojava erreichen? Die einzige Möglichkeit, die die Europäer haben, läge in der politischen und wirtschaftlichen Isolierung Erdogans und dem ganz klaren Aufstellen von politischen Stoppschildern. Hier könnte tatsächlich Deutschland als Hauptimporteur türkischer Güter und zweitgrößter Warenlieferant der Türkei eine führende Rolle spielen und ein Machtwort sprechen, das auch in Ankara verstanden würde. Knapp die Hälfte des türkischen Außenhandels spielt sich mit der EU ab. EU-Sanktionen würden also die türkische Wirtschaft ziemlich schnell krachend zum Einsturz bringen. Die Möglichkeit wäre also da und es könnte zumindest nicht schaden, Erdogan einmal die „Folterwerkzeuge zu zeigen“.

Wenn nun also politische und wirtschaftliche Druckmittel vorhanden sind – warum tut man sich im Westen, in Europa so schwer, Erdogan zu disziplinieren und den Kurden ihren eigenen Staat zu ermöglichen?

Der eigentliche Grund für das halbgare Armwedeln der westlichen Staaten dürfte in der  türkischen Diaspora in Europa liegen: in Österreich leben 159.000 Türken, in Frankreich sind es rund  200.000 Menschen, in den Niederlanden zählt die türkische Gemeinde 397.000 Personen und in Deutschland leben rund 1,5 Millionen Türken. Gelänge es Erdogan im Rahmen eines entsprechenden Konflikts auch nur einen Prozent dieses enormen Potentials zu radikalisieren, so hätte Europa plötzlich einen harten Kern von über 20.000 Kämpfern mitten im Lande. Dabei sind Solidarisierungseffekte anderer islamischer Minderheiten oder eingebürgerter Türkischstämmiger noch nicht berücksichtigt.

Im Klartext: Die Schaffung und Anerkennung eines kurdischen Staates durch den Westen birgt die Gefahr bürgerkriegsähnlicher Zustände und terroristischer Angriffe auf europäischem Territorium.  Dies gilt im Besonderen für Deutschland mit seinem hohen türkischen und kurdischen Bevölkerungsanteil, dessen Loyalität, das haben die letzten Türkeiwahlen gezeigt, nicht unbedingt und zwingend der Bundesrepublik und ihrem politischen System gilt. Hier besteht die Gefahr, dass primär innertürkische Konflikte auf deutschem Boden ausgetragen würden, wie dies in kleinem Rahmen in der Vergangenheit schon passiert ist.

Verkürzt könnte man sagen: Ein souveräner kurdischer Staat, der mehr als überfällig wäre, wird dem inneren Frieden Europas und speziell Deutschlands geopfert. Pech für die Kurden, gut für die Türkei, blamabel für den Westen. Die Kurden werden diesen Verrat nicht vergessen. 

von Thilo Schneider 12. Januar 2024
„Guten Abend, liebe Zuschauer! Zu unserem heutigen Thema „Wann ist man ein Nazi“ habe ich heute einen absoluten Experten auf diesem Gebiet eingeladen: Werner Strößenbrunner!“ (Applaus, der Experte im grauen Anzug mit einem schwarz-weiß-roten Ansteckerchen betritt die Bühne) „Guten Abend, Herr Strößenbrunner…“ „Obersturmbannführer Strößenbrunner bitte. Aber nennen Sie mich einfach Obersturmbannführer.“ „Danke, Herr Obersturmbannführer. Schön, dass Sie heute unter Gast sind.“ „Ja gerne und ein herzliches Heil! Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“ „Herr Obersturmbannführer, ich darf Sie unserem Publikum kurz vorstellen: Vorstrafe wegen des Schmierens von Hakenkreuzen auf Synagogen, gewalttätiger Übergriff auf den Wirt eines israelischen Restaurants, Vorsitzender des Vereins „Blut und Boden“, Vorsitzender der Jugendorganisation „Reichskriegsflagge“ und Verfasser des Buchs „Vorschläge zur vorläufigen Erledigung der Remigration“. Herr Obersturmbannführer, würden Sie sagen, Sie sind ein Rechtsextremist?“ „Ach wissen Sie, was heißt denn Rechtsextremist? Heutzutage wird man viel zu schnell von den öffentlich-rechtlichen, von Soros und Rothschild finanzierten Systemmedien in die rechte Ecke geschoben. Ich würde mich als konservativen Patrioten bezeichnen.“ „Naja, das Schmieren von Hakenkreuzen ist kein Kavaliersdelikt…“ „Da war ich 17 Jahre alt. Eine bedauerliche Jugendsünde. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie das war. Ich war da in der Ausbildung zum Landschaftsmaler, das war damals so, und sollte Farbe von A nach B bringen und da war diese Synagoge und ich stand so da und plötzlich waren da mehrere Hakenkreuze drauf. Ich habe bis heute keine Ahnung, wie das passieren konnte und es tut mir auch leid…“ „Die Hakenkreuze tun Ihnen leid?“ „Nein, es tut mir leid, dass ich nicht mehr Farbe dabeihatte. Ich wollte neue holen, aber da waren die Schergen der linksunterwanderten BeErDe bereits da und haben mich verhaftet. Obwohl ich gar nichts dazu konnte.“ „…und die Körperverletzung…?“ „Ach, ganz normale Wirtshausschlägerei, wie sie bei jedem Dorffest stattfindet…“ „…das war keine gezielte Attacke auf den jüdischen Besitzer?“ (seufzt) „…er wollte uns hindern, unsere Brandsätze zu zünden. Was hätten Sie denn in meiner Situation getan? Natürlich habe ich ihm auf die Menora gegeben, das war aber mehr so ein Reflex, so aus der Drehung heraus. Das wurde damals von der ostküstenfinanzierten Lokalpresse schrecklich aufgebauscht…“ „Sie müssen aber schon zugeben, dass das ein wenig den Eindruck erweckt, als hätten Sie etwas gegen Juden…“ „Was? Nein! Ich habe gar nichts gegen Juden, da sind ja schon die ursprünglich von den Nazis verschärften Waffengesetze außen vor!“ „Würden Sie, Herr Obersturmbannführer, sagen, dass Sie Antisemit sind?“ „Nur, weil ich keine Juden mag? Das wird ja wohl noch erlaubt sein!“ „Aber es sind ja nicht nur Juden, um die es Ihnen geht?“ "Ich habe ein generelles Problem mit Volk, das nicht hierhergehört! Und nicht nur ich! Sehen Sie sich doch um! Die ganzen Schleiereulen, die Kopftuchstaffeln, die stark pigmentierten Menschen, das ist doch nicht mehr schön? Da muss man doch etwas tun! Gegen diese Umvolkung muss sich doch ein rassisch gesundes Volk bis zur letzten Patrone mit fanatischem Widerstand durchsetzen!“ „Das ist ein gutes Stichwort! In Ihrem Buch zur Remigration schlagen Sie beispielsweise vor, dass Bürger mit deutschem Pass, deren Ahnenreihe nicht wenigstens vier Generationen zurückreicht, die Staatsbürgerschaft entzogen werden soll, wenn sie einen zweiten Pass haben.“ „Ja, da muss man sich eben mal entscheiden, ob man deutsche Sozialleistungen oder türkischen Wehrdienst und Erben genießen will. Sie haben ja auch keine zwei Frauen, sondern müssen sich für eine entscheiden. Wenn Sie jetzt nicht gerade aus dem Nahen Osten kommen.“ „Wäre das aber nicht ein klarer Verstoß gegen das Grundgesetz?“ „Ach, das kann man mit 2/3-Mehrheit ändern, da sehe ich jetzt kein so großes Problem.“ „Außerdem schreiben Sie, dass Sie straffällig gewordene Bürger entweder nach Möglichkeit abschieben oder zu körperlicher Arbeit verpflichten wollen!“ „Ja, ich halte das für eine gute Lösung! Wir kaufen den Marokkanern, Tunesiern oder Libyern ein Gelände in der Wüste ab und da packen wir das ganze Kroppzeug hin. Da können sie dann den ganzen Tag Sandsäcke füllen, was wiederum den Opfern in unseren Hochwassergebieten zugutekäme.“ „Auch das wäre aber nicht nur ein Verfassungsbruch, sondern sogar ein ethischer Dammbruch. Obersturmbannführer, klare Frage, klare Auskunft: Sind Sie für ethnische Säuberungen in Deutschland?“ „Ach, „ethnische Säuberungen“, das ist auch nur wieder so eine Hohlphrase aus der linken Ecke, um patriotische Deutsche zu framen und zu verunglimpfen. Ich will hier einfach nicht so viele Westasiaten haben. Ein paar sind ja in Ordnung und machen im Niedriglohnsektor einen ganz guten Job, einer muss ja das Essen an den Tisch bringen und Opa mal im Pflegeheim umdrehen, aber das heißt doch bitte nicht, dass hier gleich eine Umvolkung stattfinden muss…“ „Auch das war aber jetzt bereits rassistisch!“ „Ach, was heißt denn „rassistisch“? Ich sag doch nur, wie es ist und wie es die Mehrzahl der Bevölkerung sieht!“ „Glauben Sie, die Mehrheit sieht das so?“ „Wenn wir erst einmal die Mainstream-Medien übernommen haben, dann werden die das so sehen, mein Wort darauf!“ „Sie planen also so eine Art „Machtergreifung“? „Auch wieder so ein Wort aus der linksradikalen Mottenkiste. Wir reden davon, wie wir die politischen Verhältnisse in Deutschland im Sinne des deutschen Volkes neu ordnen können.“ „Ist es korrekt, dass Sie in Ihrer Funktion auch Gespräche mit den Spitzen der AfD führen?“ „Das sind nur private Gespräche, ganz locker und ohne jeden Hintergrund, man kennt sich doch, da sehe ich jetzt kein Problem. Die denken ja im Grunde wie wir, trauen sich nur nicht, das laut zu sagen, aber man wird ja wohl noch auf ein Bier gehen dürfen! Das wird alles viel zu hoch aufgehenkt.“ „Herr Obersturmbannführer, was wäre denn für jemanden wie Sie ein Nazi?“ „Das wäre jemand, der zwischen 1890 und 1930 geboren ist und Mitglied bei der NSDAP war. Das wäre ein Nazi.“ „War Hitler ein Nazi?“ „Ich glaube nicht, dass man das so pauschal sagen kann, er war zwar Mitglied der Partei, aber er hat ja auch die Autobahnen gebaut, die Kirchensteuer eingeführt und die Schreibschrift reformiert, das darf man nicht vergessen!“ „…und was wäre für Sie ein Rechtsextremist?“ „Das wäre jemand, der Leute in Gaskammern schicken oder vernichten will und dazu auch noch Nachbarländer überfällt. Das ist ja nicht das, was wir wollen! Aufgrund der Demographie brauchen wir kein neues Land im Osten. Da müssen wir erst einmal hier wieder auffüllen.“ „Herr Obersturmbannführer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. Guten Abend.“ „Heil!“
Deutende Punkerin. Bild von Wolfgang Eckert auf Pixabay.
von Thilo Schneider 15. Juli 2023
Ich wurde als Hetzer, Rechtspopulist und Rassist bezeichnet. Wenigstens ein Punkt stimmt.
Bild eines Gitarristen von Pexels auf Pixabay
von Thilo Schneider 25. Juni 2023
Kleinkünstler sollten besser links sein - wenn sie Auftritte mit Freibier haben wollen. Und sie sollten einen albernen Hut oder Pferdeschwanz haben! Und im Leben den Rettungsring daneben gegriffen haben.
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Eine Polizeidozentin, eine Polizeikontrolle, ein "nicht so gemeinter Tweet", ein Drama in einem Akt.
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