Kennen Sie die WELT? Ich meine jetzt nicht diese kleine, lustige blaue Kugel, die mit 108.000 km/h durch das Weltall brettert und auf der knapp 9 Milliarden Primaten und ein paar Affen leben, sondern die Zeitschrift aus dem Springer-Verlag. Die WELT galt einst als eines der sogenannten „Leitmedien“ als diese noch ohne Haltung, aber mit hohem Informationsgehalt berichteten. Ist lange her und nur meinem gut trainierten Gedächtnis ist es zu verdanken, dass wenigstens ich mich noch erinnere. Damals. 1986.
Aber die Zeiten ändern sich, die „Quick“ hat es nicht zur „Slow“ und die „Praline“ nicht zur „Konfekt“ geschafft und beide sind vom Pressemarkt ebenso verschwunden wie „Yps mit Gimmik“. Und so wird die heutige Jugend nie erfahren, was „Geile Zugbegleiterinnen mit Urzeitkrebsen“ so erleben. Erst jetzt, im Jahre 3 nach Relotius, schließt die „Welt“ die entstandene Presselücke aus nutzloser Information mit Haltungsschaden. Denn am 12.11.2021 erscheint ein Artikel, der die fußballstadionvolle Leserschaft der „Welt“ bis in den Euro erschüttert.
(Anmerkung des Autors: Sollten Sie so zart besaitet wie ein Libellenflügel sein, dann benutzen Sie nun das kleine X rechts oben in der Ecke Ihres Browsers, ich sage das nur vorher sicherheitshalber, weder Achgut noch ich übernehmen fürderhin eine Haftung für Herzinfarkte oder Schreikrämpfe. Ich sag´s nur! Sie lesen ansonsten auf eigenes Risiko weiter!)
Also: Eine junge Frau, nennen wir sie der Einfachheit halber Lilli (also nicht Ayshe oder Ebru, was mich auch gewundert hätte) hat – halten Sie sich fest, nehmen Sie sich einen harten Drink, setzen Sie sich um Gottes Willen hin - nicht nur ein Mal oder zwei Mal, nein, ganze DREI MAL mit einem QUERDENKER geschlafen!!11ELF
Rasant wie der Porsche in einem Arztroman startet er, der Artikel der innovativ recherchiert habenden Carlotta Vorbrüggen (heißt wirklich so): „1,90 Meter groß (fängt ja gut an!). Unter dem eng sitzenden Hemd zeichnete sich seine trainierte Brust ab (geht gut weiter!). Lilli mochte seine „Selfmade-Art“, wie sie ein paar Wochen nach dem Treffen erzählt (anscheinend war sie bis dahin in Quarantäne). Auch seinen schicken Wagen, mit dem er sie beim zweiten Date abgeholt hatte (Verbrenner – es muss zwingend ein Verbrenner gewesen sein!). Zuvorkommend und witzig war er auch noch, zahlte die Rechnung und neckte Lilli mit dem ein oder anderen Witz. Genau der Typ Mann also, den die 24-Jährige anziehend findet (OK, hier hat sie etwas gepatzt, wollte vielleicht aber auch nicht ZU dick auftragen. Trotzdem: Ein Arzt, Anwalt oder, besser, Adeliger hätte es schon sein dürfen).“
Tja, sieht so aus, als hätte es der Kollega drauf, hu? Endlich mal kein genderfluider Kinderclown mit Dutt, Elektrotretroller und Talibanfusselbart. Und der Statur eines an Syphilis erkrankten depressiven Eunuchen mit Monatskarte für die Öffis, der sofort für Milcheinschuss sorgt. Endlich mal ein echter Kerl, der das gebatikte Babytragetuch zum Reinigen der Alufelgen des Benzinboliden benutzt und ALLE Liegestütze kann. Auf einer Faust. Vor dem Frühstück. Da ist die Brust noch trainiert, ein leichter, olfaktorisch fast nicht erfassbarer Hauch von Benzin und Abenteuer umwabert das enganliegende Hemd und – man höre und staune - die sexistische Sau hält die Türe auf, wartet mit dem Sitzen, bis sich die Herzdame hingesetzt hat, kaut mit geschlossenem Mund, zahlt auch noch die Rechnung und neckt mit dem „ein- oder anderen Witz“. Ich schätze, er hat sich mit den Worten „Mein Name ist Bond! James Bond“ vorgestellt. Und ist auf jeden Fall vor 1985 geboren. Oder er ist mein ältester Sohn, ich weiß es nicht. Er hat nichts erwähnt.
Dann kommt, wie in jedem guten Abenteuerroman, hart an der Bezahlschranke, der Cliffhanger:
Während Lilli noch seine schönen Gesichtszüge und die feinen Lachfalten beobachtete, die seine Augen umspielten, sagte der Mann plötzlich etwas, dass ihr Weltbild erschüttern sollte.
Zack: Bezahlschranke! Verdammt! Was hat er Erschütterndes gesagt? Ihr Sweins! Rücke es raus, WELT! Hurtig! Was wird das? „Covidus interruptus“?
Guter Journalismus darf ruhig etwas kosten und guter AUSGEDACHTER Journalismus ist sogar nicht nur preiswert, sondern, Claas lässt grüßen, auch preiswürdig. Ich schätze, Ihnen geht es jetzt auch so, dass Ihre Finger um ein Welt-Abo im Jamba-Sparpack für fast als wie geschenkte 9,99 € im Monat oder eine lächerliche Tankfüllung im Jahr kreisen! Legen Sie noch einen Zehner drauf, dann bekommen Sie die erschütternden Geschichten von vorne und hinten Durchgeimpftinnen auch noch als PDF. Ich war aber nicht reich genug, deswegen kann ich nur vermuten, was jetzt geschah, obwohl die Artikelüberschrift ja schon gespoilert hat.
Wäre das ein ZDF-Spielfilm, hätte er gestanden, dass er verheiratet ist. Ganz banal. Aber: Einem ersten Impuls als ehemals entgeistertem bento-Leser folgend, hätte ich jetzt vermutet, dass James Bond schwul ist und eigentlich etwas mit Lillis Bruder haben möchte. Oder eine nonbinäre, transsexuelle Lesbe ist, aber anscheinend hat die Haarfarbe nicht gepasst. Nein, setze ich Vertrauen in die Überschrift, dann ist der Berliner Bondschopf viel härter als all das drauf! Er muss dann (wie gesagt, ich weiß es nicht) so etwas erwähnt haben wie: „Du, ich muss Dir was gestehen, aber Du darfst nicht lachen: Ich bin ungeimpft, weil ich den Impfstoffen und den Aussagen von Lauterbach und Spahn so weit vertraue, wie ich einen Schaufelbagger werfen kann!“
BÖSE Überraschung! Da hat frau sich geduscht, die zusammenpassende Unterwäsche angelegt (kein Mann der Welt entscheidet, wann einvernehmlicher Sex stattfindet!), die Haare zur Frisur hingestyled und sich seelisch und moralisch auf eine Massage mit Happy-End vorbereitet und dann DAS!
Da war guter Rat sicher teuer. Wie sollte das jetzt gehen? Küssen mit Maske und Beischlaf mit Penisbildern übers Smartphone? Würde Lilli jetzt stattdessen mindestens eine Armlänge, wenn nicht sogar eine Straßenlänge Abstand halten müssen? Und schmeckte nicht der Hugo bereits etwas schal? Hatte sie sich schon infiziert?
Anscheinend aber wusste Berlin-Bond eine Lösung und verwies auf die gute alte „a tergo“ – Stellung, bei der er ihren Rücken, sie das Kopfkissen und die Handykamera das Gezappel anguckt. Selbstverständlich hätten alle am Umsturz Beteiligten dabei die FFP2-Maske auflassen können. Sicherheit geht schließlich vor. Vermute ich. Das wäre jetzt mein Vorschlag gewesen, um die Hygienebedingungen einzuhalten und die Situation und unser aller Leben zu retten. Und das Kind aus der charmanten Liaison würde gegebenenfalls eine kleine Corona oder ein strammer Covid werden. Aber man weiß es als Nicht-Welt-Aboreisender eben nicht. Sicher ist nach der Überschrift des Artikels eben nur, dass Lilli sozusagen die Nummer drei Mal durchgezogen hat. Und wurde.
Außerdem ist von insgesamt drei bewegenden „Jungen Menschen“ – Schicksalen die Rede, wer oder was von wem sonst noch irgendwie geimpft wurde, kostet nun einmal unschöne 120,- Euro im Jahr. Da kaufe ich mir für Einseuronochwas dann doch lieber das „Goldene Blatt“. Da erfahre ich nicht nur, welcher Herr „im eng sitzenden Hemd“ welche europäische Comtesse beschläft, sondern kann auch lecker Sudoku und Kreuzworträtsel mit Gewinnspiel lösen, eine Diät ausprobieren oder lernen, wie man einen Zupfkuchen ohne Fett backt, kurz - den nächsten Lockdown sinnvoll nutzt. Probieren Sie das mal beim Leitmedium WELT. Ich sollte Frau Vorbrüggen auch mal einladen. Denn ihr Artikel ist „kein Einzelfall“, sondern so eine Art Markenzeichen. Mein Hemd sitzt außerdem auch spack. Aber nicht wegen des Oberkörpers, sondern der KFC-Rabattkarte. Und ich bin sogar geimpft. Wenn mich der Schatz nicht vorher tötet.