Abgründe tendieren ja immer zu, zurückzuschauen, wenn man in sie hineinblickt. Reaktionen vieler Leser lassen mich derzeit überdenken, ob ich zu viel und zu lange in Abgründe gesehen habe. Ich hätte mich verändert, sei zorniger geworden, härter, einseitiger… Ich kann das schlecht beurteilen, denn jeder Mensch hat ja für sich einen blinden Fleck, um den er, selbst wenn er ihn vielleicht kennt, einen bewussten Bogen macht.
Es gab nicht nur Kritik, es gab auch aufmunternde Worte: „Mach das, was Du kannst. Bringe Menschen zum Lachen“. Ich hoffe, dass ich das kann und das würde ich mir auch wünschen, andererseits leben wir meiner Ansicht nach mittlerweile in Zeiten, in denen einem das Lachen langsam vergehen kann. Es ist nichts Lustiges an wahllosen Morden, sinnloser Gewalt, verheuchelter Gesundbeterei, schlichter Verleugnung, schlampiger Achtlosigkeit und schlichten Lügen. Ich finde es nicht lustig, wenn Musliminen Kopftücher abgerissen werden und ich finde es ebenfalls nicht lustig, wenn Juden in Deutschland wieder bespuckt werden. Wie will ich da etwas Lustiges dazu schreiben? Da macht sich bei mir blankes Entsetzen breit. Und ja – da werde ich zornig. Sehr zornig.
Ich war und bin immer stolz darauf gewesen, unabhängig zu sein. Ich kann schreiben, was ich will – es gibt keinen Chef, der mich anderntags zur Rede stellt und für den einen Kunden, der mich deshalb verlässt, gibt es einen anderen, der mich deshalb wählt. Tatsächlich halte ich mich für frei – nur: Was ist diese Freiheit wert, wenn sie andere verletzt? Ich bin in einem Land groß geworden, das sich ganz offiziell „Meinungsfreiheit“ auf die Fahne geschrieben hat – mit ein Grund, warum aus der BRD nicht DDR wurde, sondern umgekehrt. Meinungsfreiheit bedingt aber nicht, dass es nicht Gegenmeinungen geben darf, sonst ist das eben keine Meinungsfreiheit. Der demokratische Streit gehört zum Wettbewerb. Nur gilt es ja mittlerweile ebenfalls als „Ausdruck der Meinungsfreiheit“, Menschen mit anderer Meinung an Hab und Gut und Gesundheit oder in der Existenz zu schädigen, sei es nun ein Linken- oder ein AfD-Abgeordneter. Ist das noch witzig? Nein, ist es nicht. Gab es das „schon immer“? Mag sein, dass es das in den Unterschichtbehausungen von Duisburg gab, hier in der Provinz würde ich diese Frage eher mit „Nein“ beantworten.
Soll ich es also lassen? Soll ich lieber den Mund halten? Soll ich lieber wieder „back to the roots“ zu harmlosen Satiren gehen? Alleine schon wegen meines Seelenheils und den Anfeindungen, denen ich mich automatisch aussetze, wenn ich mich politisch äußere? Soll ich schweigen, wenn ich offensichtliches Unrecht sehe, Ungleichbehandlung, wenn ich plötzlich gezwungen bin, mein „Zusammenleben“ mit Leuten auszuhandeln, die meine Definition von Zusammenleben gar nicht verstehen und da so ihre eigenen Vorstellungen haben, was das Aushandeln von Konflikten und die Wahl der zur Verfügung stehenden Waffen angeht? Lieber nichts sagen? Lieber weg ducken? Dinge als gegeben, frei nach dem Motto „nun, es ist eben so“ hinnehmen? Vielleicht. Vielleicht wäre das gesünder für Geist und Körper und soziales Standing. Ich befürchte nur, dass ich damit all das verrate, an das ich glaube: Dass der Mensch im Grunde gut ist und niemand etwas Böses will. Deswegen habe ich ja auch ein Schloß an der Türe. 99,99999%, die an meinem Haus vorbeilaufen, kämen im Traum nicht auf die Idee, einfach herein zu latschen und sich Dinge mitzunehmen, die ihnen nicht gehören. Es geht hier nur um die 0,000001%, die hier zu fremdem Eigentum eine etwas entspanntere Einstellung als ich haben.
Darf ich also kritisiert werden? Ja natürlich. Darf ich selbst auch kritisieren? Schon – ich muss nur das Echo aushalten können. Die Frage ist, wie weit dieses Echo gehen darf. Wer mich persönlich kennt, weiß, dass ich mit der AfD nichts am Hut habe, wenngleich ich keine Berührungsängste habe. Die habe ich mit der Antifa ja auch nicht. Aber eines muss man den AfD-Leuten lassen: Mut haben sie. Sich jeden Tag von allen Seiten mindestens beschimpfen zu lassen – dazu gehören ab irgendeinem Punkt schon Eier. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass Änderungen nur aus der gesellschaftlichen Mitte kommen können und zwangsläufig sogar müssen, wenn es nicht Mord und Totschlag geben soll. Daran schließt sich aber dann die nächste Frage an: Wo isse denn, die gesellschaftliche Mitte? Ist sie da, wo für unbegrenzte Zuwanderung regelrecht geworben wird? Da, wo jeder Angst vor dem Wetterbericht hat, weil es 30 Grad heiß werden wird? Ist sie dort, wo im Kinderzimmer ein Greta-Poster hängt? Oder verläuft sie da, wo alles egal ist?
Ich bin, um in den Schubladen zu bleiben, rechts. Ich finde Deutschland schön und ich würde gerne eine freie Gesellschaft erhalten, in der nicht zählt, wer Dein Vater ist, sondern nur das, was Du selbst leistest. Ich bin in einer solchen liberalen Gesellschaft groß geworden und die würde ich gerne bewahren, erhalten, oder eben „konservieren“. Und diese Freiheit sehe ich im höchsten Masse bedroht. Soll ich da den Mund, respektive den Stift halten, weil ich Applaus von der „falschen Seite“ erhalten könnte? Stressfreier lebt es sich sicher in der Stromlinienform. Und wenn die Mehrheit der Bürger eben unbegrenzte Zuwanderung, Enteignungen, Verbote und sehr dringende Steuererhöhungen haben will – macht es dann überhaupt Sinn, sich dem entgegenzustellen? Zu welchem Zweck denn? Nur, um sich beschimpfen zu lassen?
Andererseits ist es ja genau dieses Wegducken, das zu einem Dritten Reich und den damit verbundenen Schandtaten geführt hat. Ich will aber auch nicht an einem Vierten Reich beteiligt sein – ebenso wenig wie an einer Deutschen sozialistischen Republik oder einem Deutschen islamischen Staat. Aber auch hier: Was ist der richtige Weg?
Vielleicht habe ich wirklich zu lange in den Abgrund gesehen und es wird Zeit, den Blick abzuwenden und eben einfach hinzunehmen. Es wird sich schon alles irgendwie richten und wer sich ´raushält, heult schon einmal nicht mit der Meute – welche Farben diese Meute auch immer haben mag. Im Grunde kann es mir eh egal sein. Es geht ja um so gut wie nichts mehr. Und ich will mir selbst im Spiegel ja auch noch in die Augen sehen können. Lasst uns gute Witze erzählen, die gehen immer. Und die Ostfriesen beschweren sich ja auch nicht.
Okay, Sie haben es ja nicht anders gewollt. Ab jetzt kriegen Sie lecker Newsletter von mir. Falls Sie das lieber doch nicht wollen - kurze Email genügt.
Verdammt. Irgendetwas ging schief. Daran ist nr die AfD schuld. Bitte nochmal probieren!