Um der heutigen Jugend, die zwischen FFF und Kollegah aufwächst, ein Beispiel zu geben, wie man es als hässlicher Drecksack auch ohne Piercings und Skrupel zu etwas im Leben bringen kann, sei hier, in aller Kürze, das Leben Richards des Dritten von England geschildert:
In einer Zeit, die zwar arm an Verhütungsmitteln aber reich an riemigen Rittern war, wurde der zukünftige König von England im Jahre 1452, genauer am 2.Oktober, als 8ter Sohn von Richard, Herzog von York, der seinen Ehrgeiz in die Zeugung einer Fußballmannschaft legte, und Cecily Neville, einer hervorragenden Gebärmaschine mit zuvor satten 11 Geburten, die schon vor Ihrer Ehe mit dem Herzog zwei Ehemänner verschliessen hatte, geboren.
Und da bei 11 Kindern schon mal die Vornamen so langsam ausgehen, erhielt das Baby, das bei seiner Geburt, glaubt man zeitgenössischen Chronisten, so hässlich war, dass man zuerst der Nachgeburt den Klaps gab, den Namen Richard. Wie originell.
Der hässliche Knopf, von dem wirklich noch niemand ahnte, dass er einmal König von England würde, wuchs in einer Zeit auf, in der in England die Anarchie der sogenannten „Rosenkriege“ herrschte. König Heinrich IV kämpfte zu diesem Zeitpunkt gegen alles, was Richard hieß um seine Macht und verlor schließlich aufgrund der Ergebnisse der Schlacht von St. Albans gegen Richard Plantagnet, Herzog von York und Richards Vater, und der Schlacht von Northhampton gegen Richard Neville, Richards Neffe und Richards Cousin Verstand, Krone, Freiheit und Leben. In exakt dieser Reihenfolge. Wenn auch im zeitlichen Abstand. Weswegen er zuerst nach seiner Gefangennahme Richard von York, den Onkel von Richard Neville und Vater von Richard dem hässlichen Kind, adoptierte und zum Thronfolger erklärte.
Richards, wohin das Auge reichte und kein Mensch blickte mehr durch.
Um die englischen Richards etwas auszudünnen und weil im Fernsehen gerade nichts lief, beschloss die resolute Gattin Königs Heinrich, Königin Margaret von Lancaster, mal kurz einen Feldzug zu starten und besiegte in der Schlacht bei Sandal Castle 1460 nacheinander den soeben erworbenen Adoptivsohn Richard von York, ermordete dessen 2ten Sohn Eduard (der die Rolle des Vorstoppers hätte spielen sollen) und lies Richard Neville, genannten Neffen und Cousin, einen Tag später hinrichten. Und weil sie gerade dabei war, fertigte sie aus den drei Thronräubern ein modernes Kunstwerk mit dem Titel „Köpfe auf Spieß“ an und stellte es in Micklegate Bar in York aus. Als Warnung für die anderen Spaßbremsen.
Und so wurde Richard, der noch der Hässliche und noch nicht der Dritte war, mit 8 Jahren Halbwaise und musste sich einen Oheim und Beschützer suchen, den er in seinem 18-Jährigen Schwipp-Cousin fand, der, welch Überraschung, ebenfalls Richard Neville hieß.
Dieser Richard Neville wiederum, der nach dem Tode seines Vaters in oben genannter Schlacht plötzlich größter Landbesitzer mit eigener militärischer Schutzstaffel in England war, tat sich mit Richards großem Bruder Eduard zusammen (böse Zungen sagen, die beiden jungen Leute seien etwas mehr als nur „gute Freunde“ gewesen), besiegte nun wiederum die kunstverständige Margaret von Lancaster in der Schlacht von Towton, schickte sie und ihre Bagage nach Schottland ins Exil und lies den immer noch amtierenden König Heinrich den IV. in den Tower werfen. Dann erklärte er Eduard zum König und der durfte fortan als Eduard der IV. über England oder das, was davon übrig geblieben war, regieren. Das war im Jahre 1461. Richard der Hässliche war 7 Jahre alt.
In den kommenden zehn Jahren zerstritten sich die beiden warmen Cousins aufgrund diverser Frauengeschichten, Richard Neville wechselte auf die Seite der Lancasters, besiegte Eduard IV, der siegte auch mal zurück, dann wieder gewannen die Lancasters, Eduard IV ging nebst hässlichem Bruder entnervt ins Exil nach Holland und der mittlerweile total bekloppte Heinrich IV., der die Haft im Tower erstaunlich gut überstanden hatte, wurde am 6. Oktober 1470 mal wieder König. Aber nicht lange währte die Freude.
Eduard IV landete mit hässlichem Bruder und einer ziemlich furchteinflössenden Armee im April 1471 schon wieder in England und sein FreundFeind Richard Neville wechselte mal wieder die Seite, aber diesmal endgültig, denn er fiel zu Recht in der Schlacht bei Barnet, was allerdings Eduard nicht hinderte, die darauffolgende Schlacht von Twekesbury aus Rache zu gewinnen.
Und diesmal machte er alles richtig: er lies den Sohn von Margaret, der diesmal nicht Richard, sondern zur allgemeinen Verwirrung, Eduard hieß, „auf der Flucht“ von seinem Bruder Georg ermorden, kassierte Margaret, lies ihre Berater in einem selbst nach stalinistischen Verhältnissen offensichtlichem Schauprozess hinrichten und killte den jetzt wieder Ex-König Heinrich IV im Tower, damit endlich Ruhe ist.
In solch einem liebevollen und abwechslungsreichen Umfeld aufgewachsen, war unser Richard mittlerweile 18 Jahre alt geworden.
Es hätte alles so schön sein können. Neville, der Seitenauswechselspieler war mausetot, Eduard war König und Richard der Hässliche hätte sein Leben als reicher Playboy und Bruder des Königs verbringen können.
Aber, wie immer, wenn es was zu erben gibt, gibt’s Ärger.
Es begab sich nämlich, dass Richard Neville, der Wechselfreudige, nicht nur einen ziemlich fetten Grundbesitz hinterlassen hatte, sondern auch zwei Töchter.
Tochter „A“ wie „Anne Neville“ und „I“ wie „Isabella Neville“.
Tochter Anne war mit dem fluchtgetöten Eduard von Lancaster verheiratet und nun Witwe, Isabella mit des Königs Eduards jüngerem und Richards älterem Bruder, Georg von Clarence, seinerzeit noch als Linksaußen in des Herzogs von York Fußballmannschaft gedacht, liiert.
Georg dachte ganz pragmatisch: „ich bin mit Isabella verheiratet, habe demnach Anspruch auf die Hälfte von Nevilles Besitz. Da ich ferner Anna zur Witwe gemacht habe, gehört mir auch die andere Hälfte. Alles meins. Geil.“
Diese Idee fand nun wiederum unser hässlicher Richard, der sich in eben jene Witwe Anna verguckt hatte, nicht so gut.
Offen bleibt hier immer noch die Frage, ob Richard tatsächlich Anna scharf fand oder doch eher auf das üppige Erbe der nicht so üppig ausgestatteten Braut ein Auge geworfen hatte.
Wie auch immer, Richard wollte Anna unbedingt heiraten.
Eduard IV. war es relativ egal, doch Georg schwante, dass da Ärger aufzog und machte seine Zustimmung von der massiven Zuteilung politischer Ämter und saftigen Ländereizuteilungen aus Annas Erbe abhängig. Und so geschah es dann auch.
Richard heiratete Anna, weil das besser als nix war, wurde mit dem Titel eines Warden of the Forests North of the Tenth, was so eine Art „Oberförster“ war, bedacht und zog sich mit ihr schmollend fürs Erste in seinen Herzogssitz York zurück.
Georg war nun auf dem Zenit seiner Macht. Er war Chef riesiger Ländereien mit vielen fetten Bauern und Leibeigenen, hatte eine einigermaßen schnuckelige Braut und beim König immer ein offenes Ohr. Und wie es so ist, wenn es einem zu gut geht, kommt ein Schicksalsschlag. Isabella von Neville starb 1476 und plötzlich war Georg wieder single.
Nachdem es in dieser Zeit jedoch nicht an adeligen, heiratswilligen Frauen mangelte, machte Georg Avancen, die Tochter des mächtigen Königreiches Burgund, Maria, zu heiraten.
Eduard IV, dem mittlerweile dämmerte, was er da für ein sauberes Früchtchen als Bruder hat, verbot die Liaison, worauf Georg versuchte, seinen Einfluss auszuweiten und massiv königliche Gerichte bis hin zu Morddrohungen beeinflusste und Terroraktionen gegen ihm missliebige königliche Beamte initiierte. Richard der Oberförster, alles missgünstig und übellaunig aus seiner Ecke beobachtend, konnte nicht umhin, seinem Bruder und König einen Mischmasch aus Tatsachen, Halbwahrheiten und Lügen unter die Nase zu reiben und so den doofen Georg ständig und permanent anzuschwärzen.
Schließlich hatte Eduard von seinem ewig unzufriedenen mittleren Bruder die Nase voll, lies ihn kurzerhand 1478 wegen Hochverrats verhaften und, als Zeichen echten Kennertums, in einem Fass Malvasierwein ersäufen. Na dann „prost“.
Fünf Jahre noch häufte Eduard IV durch eine kluge Finanzplanung gerissener Broker Reichtümer auf Reichtümer an und verstarb nach plötzlicher, einwöchiger Krankheit 1483.
Vor seinem letzten Schnaufer bestimmte er seinen 12-jährigen Sohn Eduard zum Thronfolger und seinen 9-jährigen Sohn Richard zu garnix und seinen jüngsten Bruder Richard, den hässlichen Herzog und Oberförster, zum Vormund über die beiden Rangen.
Der hässliche Richard Oberförster war 31 Jahre alt und seine Zeit war gekommen.
Nun war es zu jener Zeit üblich, dass ein Reichsverweser und Vormund nicht einfach machen konnte, was er wollte. Er war ja kein König. Er musste seine Entscheidungen, wie dies ja heute blöderweise auch noch üblich ist bei Kanzlern, mit dem Parlament, das damals „Kronrat“ hieß, abstimmen.
Richard hatte bei aller Freude, die er über seine Ernennung zum Regenten empfand, diese Kleinigkeit leider vergessen und so kam es zu an südamerikanische Parlamentsdiskussionen erinnernden Szenen, als Richard versuchte, sich den nicht unerheblichen Thronschatz, die nicht erwachsenen Thronfolger und die Flotte unter den Nagel zu reißen. Die Mutter der beiden Knaben und Witwe Eduard IV., Elisabeth Woodville war damit nämlich nun so gar nicht einverstanden.
Unter lautem Gebrüll und wüsten Drohungen und Beschimpfungen bis hin zu Handgreiflichkeiten versuchten im April 1483 abwechselnd Elsbeth und Richi im Kronrat Verbündete zu gewinnen. Bis Ende des Monats hatte die Ex-Königin nicht nur einige Kronratsmitglieder im Bett, sondern auch Staatsschatz und Flotte. Richard hingegen blieben mangels ähnlicher „Argumente“ der mächtige Lordkanzler Wilhelm Hastings und Heinrich Stafford, Herzog von Buckingham.
Und nachdem sich die Angelegenheit nun nicht mehr durch Sex lösen lies, marschierten mal wieder die Truppen. Und zwar ziemlich fix.
Ende April traf Richard mit seinen Truppen nahe Nottingham auf den Thronfolger Eduard mit dessen Leibgarde, dem er breit grinsend halb schmeichelnd, halb drohend klarmachte, dass seine böse Mutter sich gegen den geheiligten letzten Willen Heinrichs IV. stelle und ihn, Richard den Lieben, nicht zum Verweser machen wolle, ihm auf jeden Fall keine Flotte und auf keinen Fall einen Thronschatz geben wolle und er, Eduard, könne sich ja denken, was das für ihn als 12-jährigen Knaben jetzt und in dieser Stunde bedeute.
Eduard dachte sich das auch und begab sich tatsächlich nolensvolens unter den „Schutz“ Richards, während sein Hofstaat mal einfach kurz verhaftet wurde.
In London brach unter den Beischläfern und Verbündeten der Ex-Königin Panik aus: Elisabeth wurde mit dem jüngeren Bruder Flüchtling in Westminster Abbey, ihr Bruder suchte mit der Flotte das Weite und der restliche Thronrat beschloss mangels Fluchtmöglichkeit eine Art „Staatsnotwehrgesetz“, das den Schritt Richards billigte, zumal dieser plötzlich, ganz Lämmchen und Staatsmann, versprach, Eduard zum König krönen zu lassen.
Es lief wie am Schnürchen.
Richard Oberförster und der Herzog von Buckingham zogen im Kronrat wie die Großen ein und begannen, mächtig Vorbereitungen für Eduards Krönung zu imitieren, währenddessen Eduard im Tower „geparkt“ wurde. Lordkanzler Wilhelm Hastings indes, sauer, dass es kein Triumvirat, sondern nur ein Tandem gab, nahm ungeschickterweise zur noch immer in Westminster vor Angst zitternden Königin auf und natürlich flog die Sache auf.
Richard wollte von vornherein keine Missverständnisse aufkommen lassen, wer das Sagen im Land hat. Kurzerhand beschuldigte er Hastings des Hochverrats und lies ihn ohne Gerichtsverhandlung oder auch nur die Chance einer Verteidigung im Tower auf einem Stück Bauholz köpfen und wurde so zum Namensgeber des Spruchs „ein Brett vorm Kopf haben“. Und auch die anderen Verschwörer waren innerhalb kürzester Zeit kopflos, auf der Flucht oder in Haft.
Aber noch war Richard nicht König. Noch saß der kleine Eduard im Tower und wartete ungeduldig mit den Füssen trippelnd auf seine Krönung. Deswegen bedurfte es noch eines juristischen Kniffs. Der Bischoff von Bath und Wales, in seiner Region mit dem durchaus nicht unehrenvoll gemeinten Nebentitel „größter Hurenbock im Bistum“, hoch verschuldet, lies gegen eine nicht geringe Zuwendung Richards ein Gutachten anfertigen, in dem die Kinder Eduards IV. als „illegitim“ bezeichnet wurden, weil der tote König vor oder nach der Geburt seiner Kinder, auf jeden Falle irgendwann, mit einer mittlerweile unglücklicherweise verstorbenen Eleonore von Dingsda verlobt gewesen sei, was diesen wiederum zum Bigamisten gemacht hätte, jaja, also konnte es logischerweise nur einen Nachfolger des toten Königs geben, nämlich Richard, den fröhlichen Oberförster.
Endlich: kein Oberförster mehr. Kein Thronrat mehr. Keine Diskussionen mehr. Chef sein.
Großes Gejubel unter den Anhängern Richards, einknicken der wenigen noch verbliebenen Elisabeth-Anhänger, Lord Buckingham meldete sofort den Thronanspruch Richards vor dem Thronrat an und am 6.7.1583 wurde Richard zum Körnig gekrönt. Zu Eduard, dem eigentlichen Königskandidaten, der ja praktischerweise bereits im Tower saß, packte man noch seinen Bruder Richard, damit er sich nicht so alleine fühlt.
Richard, der nun endlich König war und nun endlich auch „der Dritte“ hieß, war sich aufgrund eigener Erfahrung bewusst, dass aus kleinen Prinzen, selbst wenn sie offiziell illegitim sind, irgendwann erwachsene Prinzen werden. Deswegen war er wohl auch nicht sonderlich traurig, dass quasi über Nacht die beiden Prinzen aus dem Tower „verschwanden“, während sich sein Kamerad Buckingham dort befand.
Buckingham, jetzt zweiter Mann im Staat, heiratete die noch immer in der Westminster Abbey vor sich hinschmorende Exkönigin Elisabeth von Woodville, zuerst natürlich, um die beiden verfeindeten Lager zu versöhnen („nein Schatz, ich weiß auch nicht, was mit Deinen Kindern passiert ist“), zuzweit aber möglicherweise auch deswegen, um Richard, sollte dem König, beispielsweise in einer Schlacht, ein Unfall zustoßen, beerben zu können, völlig unabhängig vom Anspruch dessen Sohnes, den Richard mittlerweile als offiziellen Thronfolger ausgerufen hatte.
Weil es aber derzeit schlecht mit Schlachten aussah, Richard hatte alle Fäden in der Hand, knüpfte Buckingham Kontakte nach Frankreich, wo noch Heinrich Tudor, der Sohn eines Halbbruders des irren Heinrich IV. lebte, der ja eventuell auch noch Ansprüche auf den Thron vielleicht unter Umständen haben könnte.
Und prompt wurde Buckingham erwischt. Richard besann sich alter fußballerischer Regeln wie des „sudden death“ und lieferte einmal mehr ein hervorragendes Hinrichtungsschauspiel.
Dessen ungeachtet landete Heinrich Tudor am 7.August 1585 mit einer Streitmacht in Wales und marschierte stramm auf London zu und läutete das letzte Stündlein von Richard dem 3ten Oberförster ein.
Bei Bosworth Field trafen schließlich die Heere Richards und Heinrichs aufeinander. Zuerst lief es für Richard nicht schlecht, als seine Stürmer begannen, die Abwehr an den Flügeln Heinrichs aufzurollen. Als Richard jedoch frontal durch die Mitte angreifen lies, wechselten, mal wieder, einige seiner Gefolgsleute die Seiten. Die Truppen Sir Stanleys liefen zu Heinrich über, die Truppen Lord Northumberlands und der Lord selbst erklärten sich plötzlich zu Zuschauern, gingen auf die Tribüne, packten das Popcorn aus und verhielten sich „neutral“.
Der entsetzte Richard wurde auf dem Schlachtfeld erschlagen, sein Leichnam mit Pfeilschüssen in die königlichen Bälle geschändet und in einem Wirtshaus ausgestellt, später in der Abtei von Leicester begraben und noch später einfach in den Fluss Soar geworfen und so verschwand der letzte König Englands und Sproß des Hauses York, der in einer Schlacht gefallen ist, von der Bildfläche und hinterließ nur eine Gedenktafel an der dortigen Kathedrale.
Heinrich Tudor lies sich mit der Begründung zum König erklären, dass er nun einmal gewonnen habe und nun sowieso schon auf dem Thron säße, man könne ja gerne wagen, ihn von dort zu vertreiben, hehe, heiratete die Tochter von Richards Bruder Eduard dem IV und beendete so die Dauerfehde zwischen Lancasters und Yorks, weil jetzt beide gar nichts mehr hatten, was sich als König aufstellen ließe, da der Sohn Richards mittlerweile gestorben war, und wurde so der Begründer der englischen Tudordynastie.
Und die Moral von der Geschicht
Töt kleine Prinzen niemals nicht